„In Deutsch hatte ich immer ’ne vier“

Auf der Leipziger Buchmesse haben Ole (10) und ich uns mit Jochen Till zum Interview getroffen. Ole ist ein riesiger „Luzifer Junior“-Fan und auch mir gefallen seine Luzifer-Bücher mega gut. Auch „Pogo und Polente“, ein anderes Buch von Jochen, beim kleinen Tulipan-Verlag erschienen, fand ich super. Sehr cool sind die Zeichnungen – sie stammen sowohl bei „Luzifer Junior“ als auch bei „Pogo und Polente“ von Raimund Frey. Der Illustrator kam dann noch spontan zum Interview dazu, worüber wir uns sehr gefreut haben. Raimund hatte auch spannende Dinge zu erzählen und eine coole Neuigkeit.

Aber – lest selbst…

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Sag mal, Jochen, wie zum Teufel bist du auf die Idee gekommen, ein so lustiges Buch über die Hölle zu schreiben?  (J:) Also die Grundidee war gar nicht von mir. Die kam vom Loewe-Verlag. Die haben mich gefragt, ob ich Lust hätte, ein Buch darüber zu schreiben, wie der Sohn des Teufels in die Menschenwelt kommt. Und es sollte witzig sein, das war die Vorgabe. Und dann habe ich gefragt, ob ich schreiben darf, was ich will, und die haben gesagt: Ja! –  und dann habe ich das gemacht.

Cool! Im ersten Band gibt es ja diesen Torben und seine Clique. Die Jungs sind ziemlich fies, aber Luzifer reagiert echt cool. Hattest Du als Kind auch mit solchen Typen zu tun und wie hast Du reagiert? (J:) Naja, also, ich habe auch immer versucht, cool zu sein. Ich weiß aber nicht, ob mir das immer gelungen ist (lacht). Ich hatte allerdings auch nie mit solchen Fieslingen zu tun. Zum Glück…

Hast Du vielleicht einen Tipp, wie man mit solchen Typen am besten umgeht? (J:) Ich finde ja, dass Ignorieren in solchen Fällen am besten hilft. Wie Luzi das gemacht hat, ist es natürlich lustiger. Aber diese Möglichkeit haben wir ja nicht.  Wir haben ja keine teuflischen Kräfte – auch wenn wir vielleicht so aussehen…

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Von „Luzifer Junior“ sind bislang fünf Bände erschienen. Band sechs kommt im September 2019.

Es geht ja viel um Strafen in der Reihe. Der Vater von Luzifer bestraft ihn im ersten Band oft und auch im Internat gibt es viele Strafen. Warum ist das so ein wichtiges Thema in den Büchern? (J:) Naja, weil es um die Hölle geht und in der Hölle geht es ja ums Bestrafen und um nichts anderes. Das habe ich aufgegriffen. Als Autor kann ich mir aussuchen, wer in die Hölle kommt, das macht natürlich Spaß. Und ich versuche, das irgendwie ein bisschen witzig zu machen. Die Strafen sind dann individuell angepasst. Die nervigen Laubbläser bekommen eine andere Strafe als die neugierigen Nachbarn…

Gibt es einen Menschen, den Du in eine bestimmte Abteilung stecken würdest und welche wäre das? (J:) Oh, da gibt es so einige, die ich da gerne hin stecken würde, aber ich könnte Euch jetzt niemanden nennen. Es ist schon schön, dass ich mir das ausdenken kann. Wenn mir jemand auf den Geist geht, dann kann ich mir sagen: Der bekommt jetzt eine eigene Abteilung in der Hölle! (lacht)

Luzifer ist tollpatschig und eckt ständig an, Aaron hat einen Sprachfehler. Magst Du Außenseiter? (J:) Ja, grundsätzlich mag ich Außenseiter sehr gerne. In meinen Jugendbüchern spielen sie sogar oft die Hauptrolle.

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Ole und ich trafen Jochen und Raimund auf der LBM 2019 am Stand vom Loewe-Verlag

Ok. Und hast Du eigentlich eine besondere Beziehung zu Kirche oder Religion, weil es ja um die Hölle geht? (J:) Nein, überhaupt nicht. Ich versuche auch, das Thema aus den Büchern komplett rauszulassen. In keinem einzigen der fünf Bücher kommt zum Beispiel das Wort Gott vor. Ich sage einfach, das ist ein anderes Universum, das habe ich erfunden und das hat mit Religion überhaupt nichts zu tun.

Im letzten Band haben Luzi und Lilly miteinander gestritten. Wie geht es weiter mit beiden? Werden sie sich in Band 6 noch mehr streiten…? (J:) Nein, soviel kann ich schon sagen: Sie werden sich nicht noch mehr streiten. Es wird um etwas anderes gehen, aber um was, das möchte ich noch nicht verraten. Wenn Ihr Band fünf gelesen habt und das Ende kennt, dann wisst Ihr ja, worum es im sechsten Band geht…

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Luzi (links) und Lilly (rechts) streiten in Band 5 echt heftig… Aus: „Luzifer Junior – Ein höllischer Tausch“

Wie viele Bände von Luzifer Junior wird es noch geben? Steht das schon fest? (J:) Bis jetzt steht erst mal nur fest, dass es acht Bände geben wird. Ich hätte aber auch nichts dagegen, mehr zu schreiben…

Cool. Uns ist aufgefallen, dass Du bei Lesungen oft andere lesen lässt. Warum? (J:) Naja, einfach weil ich nicht so gut vorlesen kann und ich finde, dass das jemand machen sollte, der das gut kann. Ich bin Stotterer. Das merkt man im Gespräch nicht so sehr, aber beim Vorlesen würde man es merken. Die Idee, andere lesen zu lassen, ist zwar aus einer Not heraus entstanden, aber so macht es auch viel mehr Spaß.

Wie ist es dazu gekommen, dass diese beiden lesen? (J:) Also Linus ist mein Hauptvorleser. Wir haben früher gemeinsam Comics verkauft, waren also Kollegen. Und dann Freunde. Und als das mit den Lesungen aufkam meinte Linus: Na, das kann ich doch übernehmen. Und jetzt machen wir das schon seit 18 Jahren zusammen.

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Eingespieltes Team: Autor Jochen (links), Vorleser Linus (Mitte) und Illustrator Raimund (rechts)

Und wie kamst Du zum Vorlesen, Raimund? (R:) Irgendwann gab es die Situation, dass Jochen keinen Vorleser parat hatte und ich habe dann gesagt, dass ich das doch machen könnte. Hatte ich zwar noch nie gemacht, aber es hat sehr gut geklappt. Gerade das erste Kapitel von Luzifer Junior eignet sich auch super zum Vorlesen. Manchmal fahre ich jetzt mit Jochen auf eine Lesung und lese alles außer Cornibus und den Teufel. Die liest Jochen. Wenn Linus dabei ist, lese ich einzelne Rollen.

Hast Du auch schon aus anderen Büchern gelesen? (R:) Bisher habe ich nur aus Jochens Bücher gelesen. Aber ich arbeite gerade an einem eigenen Projekt und wenn es geht, werde ich dazu dann auch mal Lesungen machen.

Wow, heißt das, Du schreibst an einem eigenen Buch? (R:) Ja, genau. Allerdings darf ich darüber noch nicht viel verraten. Es wird ab 12 Jahren sein, wobei ich denke, dass auch Erwachsene und vielleicht auch jüngere Kinder damit Spaß haben könnten. Es wird beim Loewe-Verlag erscheinen und mit Dinosauriern, aber auch ganz anderem Kram zu tun haben…

Wie cool!!! Wann wird es erscheinen? (R:) Das wird noch eine Weile dauern – wahrscheinlich erst Ende nächsten Jahres. Es wird eine Menge Zeichnungen enthalten, darum brauche ich so lange dafür.

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Aus „Luzifer Junior“: So hat Raimund Frey Jochen Till und sich selbst porträtiert

Wir finden die Zeichnungen in den Luzifer-Büchern echt toll. Habt Ihr die Figuren gemeinsam entwickelt? (R:) Ja, das haben wir. Wir reden viel miteinander. Das ist nicht unbedingt üblich, denn die Verlage wollen oft, dass der Autor und der Illustrator sich nicht kennen und gar nicht so viel miteinander zu tun haben. Aber in unserem Fall hat Jochen mich einfach angerufen und wir haben festgestellt, dass wir nicht weit auseinander wohnen und es auch Sinn macht, zusammenzuarbeiten. Und dann haben wir die Figuren zusammen entwickelt.

Kannst Du uns mal bitte ein Beispiel geben? (R:) Klar. Also die meisten Ideen habe ich beim Zeichnen selbst und gerade im laufenden Buch fließt das immer so aus mir heraus. Aber zum Beispiel Cornibus, also wie Cornibus aussehen soll,  das hat der Jochen erfunden. Hätte ich den alleine gemacht, hätte er etwas dämonischer ausgesehen. So ohne Haare und vielleicht auch ein bisschen teuflischer. Jochen meinte aber: Nein, wir müssen den süßer machen, mach doch mal was mit großen Augen und Fell. Und das habe ich dann gemacht.

(J:) Und der Name Cornibus ist von meiner Freundin, von der Kerstin. Mir ist das immer sehr wichtig mit meinen Illustratoren zusammenzuarbeiten. Darum habe ich auch als erstes, nachdem ich den Auftrag bekommen hatte, den Raimund angerufen. Ich finde, das muss vom Humor her stimmen. Und das hat bei uns gleich gefunkt.

 

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Mit Maxi-Cornibus

Das heißt, Ihr seid inzwischen auch befreundet? (R:) Ja, wir sind inzwischen sogar mehr Freunde als Geschäftspartner. Wir unternehmen auch privat Sachen zusammen. Gehen zum Beispiel Essen oder in die Kneipe. Letztes Jahr waren wir zusammen in der Bretagne im Urlaub.

 Woran arbeitest Du eigentlich gerade, Jochen? (J:) Ich schreibe gerade an einem anderen Buch für einen anderen Verlag, aber darüber darf ich noch nichts verraten. Raimund und ich machen auch noch eines zusammen, das kommt noch dieses Jahr bei Tulipan heraus.

Und wie viele Bücher hast du insgesamt schon geschrieben? (J:) Jetzt ist gerade mein 50. erschienen…

Wow, ein Jubiläum! Mehrere Bücher von Dir hast bei Tulipan veröffentlicht. Warum ausgerechnet da? (J:) Weil das mein Lieblingsverlag ist. Wenn ich irgendwelche Herzensprojekte habe, dann gehe ich zu Tulipan.

(R:) Die bringen manchmal auch Bücher raus, bei denen vorher nicht klar ist, ob die sich auch wirklich lohnen werden.

(J:) Da geht es nicht ums Geld. Da geht es nur um den Inhalt. Und das gefällt mir. Das macht Spaß!

 

Das ist doch toll, wenn man einen Verlag hat, der zu einem passt und einen dann begleitet. (J:) Ja, genau. (R:) Das Tolle ist: Die lassen auch mit sich reden. Wenn da Änderungen kommen, die aus unserer Sicht nicht gehen, dann haben die auch Verständnis, wenn wir sagen, dass wir das nicht umsetzen möchten.

Was unterscheidet diese Bücher von Luzifer Junior? Geht es da auch um die Hölle? (J:) Nein, das Thema Hölle kommt nirgendwo anders mehr vor. Das ist für Luzifer reserviert. Die anderen Bücher handeln von ganz vielen verschiedenen Themen. Jetzt habe ich gerade eines für Erwachsene geschrieben. Ich wechsele mich gerne ab beim Schreiben, mache mal was für Erwachsene, mal etwas für Kinder. Und eben auch bei den Themen.

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Auch zu Jochens Buch „Pogo und Polente“, 2018 bei Tulipan erschienen, hat Raimund Frey die Illustrationen gemacht. In dem Buch geht es um Pogo, den Sohn von Punks. Er ist etwas aus der Art geschlagen – und freundet sich ausgerechnet mit einer Polizistentochter an…

Du hast schon die verschiedensten Jobs gemacht, hast zum Beispiel als Videothekar, Nachtwächter und Comicverkäufer gearbeitet. Wie bist du  zum Schreiben gekommen? (J): Das war Zufall, denn ich wollte gar nicht Schriftsteller werden, sondern Rockstar. Und dann hatte ich 1995 eine Freundin, in die ich sehr verliebt war. Und die war so eine Leseratte. Bücher lesen, selbst schreiben, das war so ihre Welt. So wie bei Dir wahrscheinlich auch. Und die hat damals zu mir gesagt, es wäre ihr größter Traum, wenn mal jemand für sie ein Buch schreiben würde. Und das habe ich dann gemacht. So ist mein erstes Buch entstanden. Reiner Zufall.

Aber eine superschöne Geschichte! Wo und wann schreibst Du am liebsten? (J:) Ich schreibe am liebsten Zuhause an meinem Schreibtisch. Naja, eigentlich schreibe ich nur zuhause an meinem Schreibtisch. Und ich mache das so wie einen normalen Arbeitstag: Ich fange um 8 Uhr an, um 12 Uhr mache ich eine Mittagspause, und wenn Kerstin von der Arbeit kommt, dann mache ich Feierabend.

Und wie kommst Du auf Ideen? (J:) Keine Ahnung. Ich lese sehr viele Comics und sehr viele Bücher. Ich gucke sehr viele Serien und Filme. Das ist alles in meinen Köpfen drin…

(R:) In Deinen Köpfen? (lacht ungläubig)

(J:) Ja, in den beiden Köpfen, die ich habe… (lacht) Nein, also in meinem Kopf drin. Und: Ich bleibe auch immer so lange sitzen, bis mir was einfällt.

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Jochen und Raimund lernten sich über den Auftrag des Loewe-Verlags kennen. Inzwischen sind sie befreundet und fahren manchmal sogar zusammen in den Urlaub.

Und was machst Du, wenn Dir trotzdem nichts einfällt? (J:) Wenn mir nichts mehr einfällt, dann stehe ich kurz auf und mache etwas anderes. Etwa 10 Minuten. Und dann setze ich mich wieder hin und dann fällt mir meistens auch etwas ein. Und es ist auch noch nie vorgekommen, dass mir einen ganzen Tag lang nichts eingefallen ist.

Cool. Dann drücken wir die Daumen, dass das so bleibt! (J:) Danke. Aber ich mache mir keine Sorgen.

Hast Du als Kind auch schon viel gelesen? (J:) Ja, als Kind habe ich auch schon viel gelesen. Dann zwischendurch, als Jugendlicher mal eine Weile überhaupt nicht. Und nach der Schulzeit habe ich wieder angefangen.

Und was hast Du gerne gelesen? (J:) Naja, so die Klassiker. Fünf Freunde, Burg Schreckenstein…

(R:) Ach ja, Burg Schreckenstein…

(J:) … Erich Kästner… Mehr fällt mir gerade nicht ein.

Und hast Du damals auch schon geschrieben? (J:) Nee, eigentlich nicht. Ich wollte ja, wie gesagt, Rockstar werden.  Mit elf oder zwölf Jahren habe ich  angefangen, Songtexte und Gedichte zu schreiben, aber Bücher erst spät. Ich habe mein erstes Buch erst mit 29 Jahren geschrieben.

Hast Du Deinen Freunden damals davon erzählt, dass Du Songtexte schreibst? (J:) Ja. Ich war ja auch in mehreren Bands. Da habe ich kein Geheimnis draus gemacht.

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Raimund und Jochen hatte ich auch auf der FBM 2018 kurz getroffen

Stimmt es eigentlich wirklich, dass Du vier Mal sitzen geblieben bist, Jochen? (J:) Nein – ich bin dreimal sitzen geblieben: Ich habe dreimal die achte Klasse gemacht und zweimal die 11. Und in Deutsch hatte ich immer eine vier…

Und dann bist Du trotzdem Autor geworden… (J:) Und dann bin ich Autor geworden. Genau. Der gerade Schulweg führt eben nicht immer zum Ziel. Es gibt zum Glück auch andere Wege…

Und wie war das bei Dir, Raimund? Musstest Du auch eine Klasse wiederholen?(R:) Nein, nie. Ich war in der Schule so mittelgut, aber in Deutsch zum Beispiel deutlich besser als Jochen…

Und wie arbeitest Du? (R:) Ich gehe morgens in mein Büro. So zwischen 9 und 10 Uhr. Ich habe keine Lust mir einen Wecker zu stellen, da ich abends oft lange arbeite. Manchmal so bis 20 oder 21 Uhr.

Wie sieht Dein Büro aus? (R:) Das ist so ein kleines Zimmerchen in einem Industriegebiet und da steht mein Computer und mein Riesenzeichentablett und da sitze ich dann den ganzen Tag und zeichne und telefoniere.

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Luzifer Senior. Illustration aus „Luzifer Junior – Ein höllischer Tausch“

Welche von Deinen Figuren magst Du am liebsten? Gibt es eine, die Du besonders gerne zeichnest? (R:) Eine richtige Lieblingsfigur habe ich nicht, aber Luzifer Senior zeichne ich besonders gerne. Der ist immer so schön aggro, hat aber auch eine nette und gefühlvolle Seite, die man nicht oft sieht. Das Schöne an ihm ist, dass er ziemlich verformbar ist. Er ist ja der Teufel mitsamt dämonischen Kräften und deswegen ist es möglich, dass seine Muskeln an- und abschwellen, dass er seine Größe ändert und auch seine Tatoos wechselt er gerne mal. Dass seine Hörner manchmal länger oder kürzer werden, war meine Idee. Das ist beim Zeichnen der Vorteil: Man kann immer mal wieder etwas Neues machen.

Vielen Dank für das Interview!

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Nach dem Interview haben uns die beiden noch Bücher signiert und etwas hinein gezeichnet
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Und Fotos haben wir dann natürlich auch noch gemacht…

Rezensionen auf Lass mal lesen!

Luzifer Junior – Ein höllischer Tausch  (Band 5)

Luzifer Junior – Der Teufel ist los (Band 4)

Luzifer Junior: Einmal Hölle und zurück (Band 3)

Pogo & Polente

Mehr Infos zu den beiden findet Ihr auf ihren persönlichen Internetseiten:

http://www.jochentill.de

http://www.raimund-frey.de