„Düfte haben für mich etwas Magisches“

Ich bin zu Besuch bei Anna Ruhe in Berlin-Friedenau. Die Autorin der Duftapotheke hat mich in ihr Schreibbüro eingeladen. Mir fällt gleich auf, wie ordentlich alles ist. Die Regale, der Tisch… Und dann fällt mir noch ein Mann auf. Anna Ruhe hat ihn von ihrem Arbeitsplatz aus gut im Blick. Es ist – Luke Skywalker!!! Lebensgroß und aus Pappe…

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Wow, hier steht ja Luke Skywalker. Warum denn das?(Anna Ruhe lacht) Den Luke haben mir Freunde geschenkt, damit ich beim Schreiben nicht immer so alleine bin… (lacht noch mehr)

Und warum gerade Luke Skywalker? Sind Sie ein Star Wars-Fan? Nein, aber einer meiner Söhne heißt Luk… Aber nicht wegen Star Wars (lacht wieder).

Okay. Lassen Sie uns über die Duftapotheke sprechen. Wie kamen Sie auf die Idee, dieses Buch zu schreiben? Düfte haben mich schon immer fasziniert. Ich finde, sie haben etwas Magisches: Wir riechen sie und plötzlich werden Erinnerungen wach und damit auch Gefühle. Und die beeinflussen uns dann meist stärker als unser Verstand.  Deshalb dachte ich, es wäre doch toll, Düften mal soviel Raum in einem Buch zu geben, dass sie fast so intensiv und präsent sind wie eine Hauptfigur.

Sie beschreiben die verschiedenen Düfte sehr detailliert. Woher hatten Sie dieses Wissen? Haben Sie in einer Duftapotheke recherchiert? Gibt es so etwas überhaupt? Nein, eine Duftapotheke gibt es nicht. Aber ich habe viel über Düfte gelesen und mir dazu auch im Internet einiges angesehen

 Gibt es reale Vorbilder für die Figuren? Nicht wirklich. Ich versuche generell, keine realen Personen in meine Bücher zu packen. Das sind alles fiktive Figuren. Sie sind aber natürlich beeinflusst durch Menschen, die ich persönlich kenne oder die mich beeindruckt haben.

Wie kamen Sie auf die Idee mit der Villa? Ich hatte den großen Wunsch, mal über ein Haus zu schreiben, in dem es viele verrückte Räume gibt. Darauf gekommen bin ich durch das Winchester-Haus in Kalifornien, das ich vor einigen Jahren mal besucht habe. Dessen ehemalige Besitzerin hat sich von Geistern verfolgt gefühlt und sich ihr Haus darum extrem verwinkelt bauen lassen. Es gibt Treppen, die an die Decke führen, es gibt Räume, die ganz niedrig sind, andere sind dagegen ganz hoch. Es gibt die verrücktesten Zimmer. Das hat mich inspiriert.

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Interview am Schreibtisch der Autorin

Wohnen Sie jetzt oder wohnten Sie als Kind auch in einer alten Villa?

Nein, überhaupt nicht. Und nee, ich bin so ein richtiges Großstadtkind. Ich bin mitten in Berlin zwischen U-Bahn und Bus groß geworden (lacht). Aber als Kind habe ich mir oft gewünscht, in so einem alten Haus zu wohnen.

Steht schon fest, wie viele Bände es von der Duftapotheke geben wird? Gerade habe ich den Vertrag für den dritten Band unterschrieben. Was dann kommt, weiß ich noch nicht.

Wie wird es im zweiten Band weitergehen? Hm, das ist schwierig. Wie viel darf man vorab verraten…? Also im ersten Band spielt die Geschichte ja sehr stark in dieser Villa. Im zweiten Band gehen die Kinder auf Reisen und versuchen, andere Geheimnisse zu lösen, die auch mit der Villa zu tun haben. Es kommen noch neue Personen dazu und es geht um neue Düfte (lacht) und neue Dinge, die unerwartet mit diesen Düften passieren.

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Hier erklärt mir Anna Ruhe ihr Storyboard für den zweiten Band

Soll die Duftapotheke eigentlich auch verfilmt werden? Es gibt erste Gespräche, aber nichts Spruchreifes.Ich fände einen Film natürlich schön…

Wann haben Sie angefangen zu schreiben? Haben Sie schon als Kind geschrieben? Als Kind habe ich vor allem Bilder gemalt. Aber ich habe immer auch ganz viel gelesen und je älter ich wurde, desto mehr habe ich gemerkt: Ich würde gerne schreiben. Aber es dauert, bis man so was dann auch macht. Bei mir war das in der Elternzeit, als ich mein erstes Kind bekommen habe und die ganze Welt Kopf stand. Da saß ich oft auf Parkbänken herum, sah meinem Sohn beim Schlafen oder Spielen zu und da kamen mir die Ideen – und ich habe angefangen zu schreiben.

Wie kam es zu der ersten Buchveröffentlichung? An meinem ersten Buch, „Seeland“, habe ich sehr lange geschrieben. Irgendwann habe ich es dann einer Literaturagentin gegeben und die hat es Verlagen angeboten.

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„Die Duftapotheke“ ist Annas Ruhes drittes Buch

Und wie kommen Sie auf Ihre Ideen? Ich habe meistens die besten Ideen kurz vor dem Aufwachen und dann wirklich beim Schreiben. Wenn mir nichts einfällt, dann setze ich mich trotzdem hin und fange an zu schreiben. Und dann kommen die Ideen ganz von selbst.

Wo schreiben Sie? Am liebsten Zuhause. Aber wenn überall die Wäsche herumliegt und niemand den Küchentisch abgeräumt hat, dann gehe ich hierher und bin froh, dass ich dieses Zimmerchen hab (lacht). In Cafés kann ich nicht schreiben, ich lasse mich viel zu schnell ablenken. Es ist gut, wenn ich eine Tür hinter mir zumachen kann…

…und dann nur noch Luke da ist… (Lacht) Stimmt, dann ist nur noch Luke da (lacht noch mehr). Luke sagt nicht viel und er lächelt immer, egal wie gut oder schlecht gelaunt man ist… (lacht wieder).

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Foto: Arena Verlag

 

Wann schreiben Sie? Eigentlich immer wenn es geht. Ich kann am besten morgens arbeiten. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, dann setze ich mich an meinen Schreibtisch und dann geht es los. Je nachdem wie viel ich zu tun habe….

…und ob Sie gerade Lust haben… Nee, ich schreibe nicht nur, wenn ich Lust habe. Ich schreibe eigentlich jeden Tag, außer es ist etwas anderes wichtiges zu tun.

 Schreiben Sie auf dem Computer? Ja, aber manchmal kommen mir auch unterwegs gute Ideen und dann schreibe ich das mit der Hand auf. Ich schreibe gerne in Notizbücher. Die blättere ich später öfter durch und dann fallen mir Sachen wieder ein und ich komme auf neue Ideen. Und dann gibt es noch meine Bastelarbeiten…

Das klingt ja spannend. Was meinen Sie damit…? Ich drucke mir den Text gerne aus, lese ihn und wenn ich dann merke, diese Szene ist nicht gut oder jener Part passt doch noch nicht, dann zerschneide ich ihn mit einer Schere. Ich schnappe mir Tesafilm und bunte Stifte, klebe, markiere… Da  lachen viele drüber, weil das so bastelstundenmäßig aussieht, aber mir hilft es enorm, die Geschichte aus dem Monitor heraus zu holen. Ich sehe sie dann noch mal aus einem völlig anderen Blickwinkel.

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Das ist ein bisschen so wie mit E-Books. Da hält man kein Papier in der Hand, kann nicht umblättern. Ich finde, das ist ein anderes Lesen. Ja, stimmt. Das geht mir genauso. Ich habe sogar festgestellt: Wenn ich E-Books lese, vergesse ich den Inhalt schneller. Ich glaube, das kommt daher, weil der Tastsinn dabei zu kurz kommt. Wenn ich Sachen anfassen kann, merke ich sie mir besser.

Was machen Sie, wenn Ihnen doch mal die Ideen ausgehen? Ich spreche mit Leuten, die mich verstehen (lacht). Zum Glück habe ich Freundinnen, die auch Autorinnen sind. Wenn man schreibt, dann ist das für viele eine fremde Welt. Und dann ist es gut, wenn man Leute hat, die das gleiche machen. Die sagen mir dann: Guck mal, du kommst da nicht weiter, weil an der Stelle etwas nicht stimmt. Wenn die aber auch keine Ideen oder keine Zeit haben, dann gucke ich mir manchmal einfachGEO-Hefte an oder gehe ins Museum. Naturlandschaften und Kunstobjekte inspirieren mich enorm.

Wer darf Ihre Geschichten als erstes lesen? Diese Freundinnen aus meiner Schreibgruppe. Wir geben uns die Texte hin- und her und geben uns Feedback.

Aber dauert das nicht lange, ein ganzes Buch zu lesen? Ja, die müssen schnell lesen (lacht).

Lesen Sie auch Ihren eigenen Kindern vor? Ja, sehr viel. Lesen gehört zu mir wie Atmen, darum dränge ich das meinen Kindern auch auf (lacht laut und lange).

Welche Bücher lesen Sie Ihren Kindern vor? Die Jungs sind jetzt sechs und acht und wissen ganz gut, was sie lesen oder hören wollen und was nicht. Ich lese ihnen die verschiedensten Arten von Geschichten vor. Manchmal auch reine Mädchenbücher, schaden kann das nicht (lacht).Und wenn die gut geschrieben sind, dann haben sie damit auch viel Spaß. Beide haben ihre eigenen Lieblingsbücher. Aber was sie mögen und was sie nicht mögen, da sind sie ziemlich unterschiedlich. Du hast ja selbst eine Schwester und weißt, wie unterschiedlich man als Geschwister doch auch ist, oder?

Stimmt, das kenne ich. Haben Sie selbst auch Geschwister?  Nein, leider nicht. Ich bin eines dieser Einzelkinder, das sich immer Geschwister gewünscht hat.

Hat sich etwas für Sie geändert, seitdem Sie den Lesekompass auf der Buchmesse gewonnen haben? Das ist eine schöne Auszeichnung, über die ich mich natürlich riesig freue, aber in meinem Leben hat sich dadurch bislang noch nichts geändert.

Wie fühlt sich das an, wenn Sie in einen Laden gehen und dann liegt da Ihr Buch?Das erfüllt einen natürlich mit Stolz (lacht) und mit Glück und mit Freude. Wenn man einen Roman schreibt, dann verbringt man viel Zeit mit dieser Geschichte und wenn sie einem dann irgendwo wieder begegnet, ist das natürlich toll.

Was ist Ihr Lieblingsbuch? Das ist so schwierig zu sagen, weil es so viele gute Bücher gibt. Die Autorin, die mich zur Bücherliebe gebracht hat, war definitiv Astrid Lindgren. Von ihr habe ich fast alles gelesen und geliebt. Besonders Ronja Räubertochter. Das habe ich so oft gelesen, bis die Seiten herausgefallen sind. Was ist denn Dein Lieblingsbuch?

Oh, mein Lieblingsbuch, hm… Das ist schwer, oder?

Ja, das stimmt. Ich habe viele Bücher gelesen, die ich gut fand. Ich glaube, im Moment mag ich die Götterfunke-Trilogie von Marah Woolf am liebsten. Bloggen Sie eigentlich auch? Nein, ich würde gerne, aber mir fehlt die Zeit. Und ich habe auch gemerkt, dass mir das nicht so leicht von der Hand geht. Hast Du Deine Seite eigentlich selbst gemacht?

Ja, die habe ich mit WordPress gebaut. Das ist gar nicht so schwer. Aha, gut zu wissen. Ich finde es übrigens großartig, dass Du bloggst. Ich habe heute ein paar Autorinnenkolleginnen zum Kaffee getroffen und damit angegeben, dass ich heute die wohl jüngste Berliner Buchbloggerin treffen darf (lacht). Und da haben sich alle gefreut. Ich soll Dich schön grüßen!

 Das ist ja nett. Dankeschön! Und vielen Dank für das Gespräch!

Link zu meiner Rezension: Die Duftapotheke – Ein Geheimnis liegt in der Luft 

Mehr Infos zu Anna Ruhe findet Ihr unter www.annaruhe.de

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Illustration von Claudia Carls aus „Die Duftapotheke“