Gute Tage – Wie du die Regel geregelt kriegst

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Titel: Gute Tage – Wie du deine Regel geregelt kriegst

Autorinnen: Yumi Stynes & Melissa Kang

Illustratorin: Jenny Latham

Verlag: Carlsen

Seitenzahl: 185

Erschienen: 2021

Sachbücher zum Thema Menstruation gibt es einige, viele sind aber schon vier oder fünf Jahre alt. Nun hat der Carlsen Verlag ein neues auf den Markt gebracht, nämlich „Gute Tage – Wie du deine Regel geregelt kriegst“. Das Buch ist ursprünglich in Australien erschienen.

Von wem ist das Buch? Yumi Stynes ist eine Fernseh- und Radiomoderatorin japanisch-australischer Abstammung. Als sie ihre Tage bekam, fühlte sie sich ziemlich alleine, denn mit ihren Eltern konnte sie darüber nicht wirklich reden. Was ihr damals half, waren die Kolumnen von „Doctor Dolly“ in der Jugendzeitschrift „Dolly“. Die wurden von der Ärztin und Autorin Dr. Melissa Kang geschrieben. 20 Jahre lang beantwortete sie darin die Fragen von Mädchen rund um das Thema Periode. Melissa konnte sich gut einfühlen, denn als Mädchen hatte sie selbst fast gar nichts über das Thema gewusst. Ihre eigene Mutter hatte sich nur ein einziges Mal mit ihr darüber unterhalten. Als Erwachsene wurde Melissa dann zum Perioden-Profi. Eines Tags hat Yumi (inzwischen erwachsen) sie dann angeschrieben und gefragt, ob sie zusammen ein Buch für Kinder und Jugendliche machen wollen. Als Melissa zusagte hat Yumi (wie sie im Buch schreibt) geschrien vor Glück …

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Wie sieht das Buch aus? Rot natürlich und auf dem Cover sind Slips und Binden zu sehen und eine Handtasche und ein Tampon sowie der (wie ich finde) echt schön gestaltete Schriftzug „Gute Tage“. Das Buch hat ein cooles Format (kurz und breit) und der Umschlag fühlt sich schön weich an. Die Zeichnungen sind von der britischen Illustratorin Jenny Latham. Sie zeigen zum einen viele Personen, die alle einfach nett und cute aussehen und zum anderen (was ich sehr cool finde), sie sind auch divers! Zu sehen sind zu Beispiel viele unterschiedliche Frisuren und Hautfarben, es gibt Mädchen im Rollstuhl, mit Kopftuch oder auch mit Mehrgewicht. Nun könnte mensch sich fragen, naja, was hat denn das mit dem Thema zu tun? Geht es hier um Religion oder Hautfarben? Doch wohl nicht? Stimmt, es geht um die Periode und die haben ganz viele Menschen. Und die sind eben nicht alle weiß oder laufen auf zwei Beinen durch die Gegend oder haben einen well abled Body. Nein, die Periode haben wirklich ALLE Menschen, die eine Gebärmutter besitzen und in der Pubertät oder beyond sind (aber auch noch nicht zu alt, also in der Menopause) und deswegen finde ich es super sympathisch, dass hier auch ganz viele verschiedene Menschen gezeigt werden. Diese Sichtbarkeit ist wichtig – und zwar nicht nur in Büchern, in denen es zum Beispiel um Religion oder Behinderungen geht, sondern überall!

Daneben gibt es viele erklärende Zeichnungen, zum Beispiel über den (cis-) weiblichen Körper oder wie du einen Tampon einführst. Auch die sehen total ansprechend aus! Es sind auch Zeichnungen von blutigen Binden zu sehen (Zeichnungen, keine Fotos!). Manche mögen das vielleicht komisch oder eklig finden, aber aus meiner Sicht ist es ok. Es gehört zur Menstruation dazu und ich finde, so etwas zu zeigen (zumindest als Zeichnung) ist ein weiterer wichtiger Schritt, um dafür zu sorgen, dass Menstruation als etwas Natürliches anzusehen ist, nichts, bei dem eine*r laut „Iiiih“ oder „Eklig“ schreien muss, zum Beispiel, wenn eine Mitschülerin einen sichtbaren Fleck auf der Hose hat. Ich finde, diese Zeichnungen sind ein Teil des natürlichen Umgangs mit dem Thema.

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Wie ist das Buch geschrieben? Die Leser*innen werden total nett und sehr verständnisvoll angesprochen, ja, so als ob eine ältere und erfahrenere Freundin oder Verwandte mit einer*m spricht. Das fand ich total schön, und ist bestimmt auch für all die tröstlich, die vielleicht im real life keine Person(en) haben, mit der/denen sie über die Periode sprechen können oder wollen.

Was ist der Inhalt? Zum Beispiel diese Themen und noch viel mehr: Was im Körper abgeht/ typische Ängste und warum sie unbegründet sind/ Perioden-Party/ “Rote Herausforderungen“, z.B. in der Schule, beim Auswärtsübernachten, beim Zelten (mit vielen praktischen Tipps wie z. B. von Müttern oder älteren Schwestern)/ Periodenschmerzen und was dagegen hilft.

Auf diesem Foto seht Ihr das Inhaltsverzeichnis:

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 Ich fand die Themen überzeugend und habe gestaunt, WIE VIELE Infos das Buch enthält. Die Schrift ist etwas klein (mein einziger Kritikpunkt), deswegen passt aber auch so viel auf die 169 Seiten.

Sehr cool 1: Auch zum Thema Menstruationstassen und Periodenunterwäsche gibt es Infos. Das finde ich super cool, denn beides ist deutlich umweltfreundlicher als Tampons und Binden. In den Büchern, die ich zu diesem Thema habe –und ich habe so einige – gibt es dazu leider noch gar nichts. Aber gerade in letzter Zeit sind diese Sachen total wichtig geworden, weil sie einfach helfen, Müll zu vermeiden. Inzwischen gibt es jede Menge Firmen, die Menstruationsunterwäsche produzieren. Zunächst in den USA, inzwischen aber auch in Deutschland (z.B. vom Berliner Start-Up Kora Mikino / externer Link).

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Sehr cool 2: Es ist das erste Sachbuch zur Regel, in dem auch das Thema transgender zumindest kurz aufgegriffen wird. Denn das wird oft vergessen: Es gibt auch Jungen und Männer, die ihre Tage bekommen und bluten – und darunter vielleicht auch besonders leiden, weil es in unserer Gesellschaft ausschließlich Frauen und Mädchen zugeordnet (und zugebilligt) wird .

Sehr cool 3: Es gibt auch Tipps, wie mensch sich vom Sport- und/ oder Schwimmunterricht in der Schule befreien lassen kann, weil zum Beispiel die Schmerzen zu groß sind, und ermuntert auch dabei zu einem offenen und ehrlichen Umgang mit dem Thema. Was ich mega finde: Falls die Schule darauf negativ reagiert, rufen die Autorinnen dazu auf, sich mit anderen zusammenzuschließen und gemeinsam aktiv zu werden, damit die Lehrkräfte das Thema endlich ernst nehmen. Das finde ich super. Ich habe früher selbst stark unter Regelschmerzen gelitten und war gar nicht in der Lage, am ersten oder zweiten Tag Sport zu machen. Selbst heute geht es mir manchmal noch so (und ich habe meine Tage inzwischen schon dreieinhalb Jahre). Natürlich sollte die Regel kein Grund sein, einfach so die Schule zu schwänzen. Und ich finde es furchtbar, wenn Erwachsene (zum Beispiel Lehrkräfte oder Eltern) so was unterstellen.

Fazit: Informativ und empowernd, dabei sehr schön geschrieben und super nice gestaltet. „Gute Tage“ macht schon fast Lust auf die Periode, nimmt Ängste und regt zu einem tabufreien Umgang mit dem Thema an. Auch die Idee mit der Periodenparty finde ich cool. Ich kenne Mädchen, die etwas geschenkt bekommen haben, als sie zum ersten Mal ihre Tage hatten. Cool vor allem auch für alle, die keine Ansprechpersonen zu dem Thema haben oder sich lieber erst mal alleine informieren möchten (hat ja auch nicht jede Lust, mit der eigenen Ma darüber zu sprechen). Sowohl für Jüngere ab ca. 9 Jahren geeignet, die sich zum ersten Mal mit dem Thema befassen (aber dann vielleicht mit einer älteren Person zusammen), für alle, die ihre Tage neu haben oder denken, dass sie die bald bekommen und dazu viele Fragen haben, aber auch für Erfahrene, denn es gibt auch Tipps z.B. wie mensch eine Menstruationstasse einsetzt, was ja wohl definitiv was für Fortgeschrittene ist, oder auch Sex während der Menstruation. Ein super Buch für alle!!!

Ich gebe dem Buch ⭐️⭐️⭐️⭐️ und empfehle es ab ca. 9 Jahren (wenn es gemeinsam mit Eltern oder älteren Geschwistern gelesen wird) und ab ca. 11 Jahren zum alleine Lesen.

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