Titel: Alle Jahre wieder
Autorin: Juli Zeh
Illustratorin: Lena Hesse
Verlag: Carlsen
Seitenzahl: 73
Erschienen: 2020
Die achtjährigen Zwillinge Lena und Josh freuen sich wie alle Kinder mega auf Weihnachten. Lena wünscht sich ein paar Boxhandschuhe und ein iPhone, Josh hätte gerne ein Mountainbike oder ein Klavier. An Heiligabend liegt allerdings nichts davon unter dem Weihnachtsbaum – nicht mal die Boxhandschuhe. Es gibt GAR KEINE Geschenke – und auch keine brennenden Kerzen und keinen Baumschmuck. Die Eltern haben auch keinen Schimmer, was los ist, aber nach einer Telefonrunde mit ihren Freund*innen wissen die Zwillinge, dass viele andere auch nichts bekommen haben. Dem Christkind muss etwas passiert sein, denn bei den Kinder, bei denen immer der Weihnachtsmann an Heiligabend vorbeikommt, war alles wie immer …
Lena und Josh sind am Boden zerstört – bis ihnen einfällt, was sie am Nachmittag in der Vogelschutzwarte (die „Vo-Schu-Wa“) gesehen haben, in der ihr Vater arbeitet: Ein seltsames Wesen mit großen Flügeln. Ihr Vater hatte es verletzt auf einem Feld gefunden und wollte es untersuchen. Zusammen mit Benny, Tom und Pia fahren die beiden dorthin. Das Wesen kauert in der Ecke eines Käfigs. Viel ist davon nicht zu erkennen – bis sich plötzlich ein nackter Kinderfuß unter einem der riesigen Flügel hervor schiebt…. Die Kinder schaffen es, das Christkind (ja, es ist es wirklich) aus der Vo-Schu-Wa zu bringen und verstecken es in einem verlassenen Haus im Wald. Vorher stellen sie noch fest, dass es ganz anders aussieht als immer behauptet wird …
Dem Christkind geht es nicht gut. Gemeinsam versuchen die fünf, es aufzupäppeln und haben dafür viele Ideen. Sie sind alle sehr unterschiedlich: Lena ist mutig, Josh feinfühlig, Tom ist ein Computerspielnerd (seine Eltern halten ihn deswegen für dumm), Pia weiß unglaublich viel (und wird deswegen von anderen Kindern in der Schule manchmal als Streberin gedisst) und Benny ist erst sieben und so klein wie ein Fünfjähriger, weswegen die anderen Kinder in der Schule manchmal nicht mit ihm spielen wollen. Dank ihrer tollen Ideen und ihres Zusammenhaltens schaffen es die fünf Freund*innen schließlich, dem Christkind zu helfen.
Die Geschichte ist an vielen Stellen richtig lustig und gleichzeitig auch ein bisschen traurig. Es gibt einige Ups and Downs und ich habe mich mit den Fünf mitgefreut und mit ihnen mitgetrauert (aber am Schluss wird alles gut!). Die Kinder haben tolle Ideen und es ist schön zu sehen, wie sich ihre Freundschaft entwickelt, bzw. vertieft. Alle können sich mit ihren besonderen Qualitäten einbringen. Was ich auch cool finde: Genderklischees werden bewusst vermieden. So ist Lena total taff und mutig und teilt gerne mal aus (auch körperlich), ihr Bruder Josh hingegen schüchtern und feinfühlig. Gut gefiel mir auch, dass Religion in dem Buch eigentlich keine Rolle spielt. Ja, es geht ums Christkind und um Heiligabend, Weihnachten, aber trotzdem hat das Buch nichts mit Religion zu tun, sondern viel mit den Ideen und Gefühlen von Kindern. Darum kann mensch es auch super lesen, wenn das Christkind im eigenen Leben keine (oder keine große) Rolle spielt … Und apropos Klischees: Das Wetter ist in dem Buch eher grau und es regnet auch mal. So, wie ich auch Weihnachten eigentlich immer erlebe. Ich finde es gut, dass das auch mal so dargestellt wird. Es wird viel zu oft so getan, als ob Weihnachten und Schnee zusammengehören. Schön wär’s, aber die Realität ist anders, leider! Bevor ich es vergesse: Die Sprache in dem Buch ist auch toll und total kindgerecht.
Mega gut gefallen haben mir auch die Illustrationen von Lena Hesse. Die sind echt cute (vor allem das Christkind, aber auch die Gruppenbilder. Unten seht Ihr ein paar Fotos aus dem Buch). Ein bisschen schade fand ich daher, dass für das Cover ein Bild ausgewählt wurde, auf dem gar nicht sooooo viel zu sehen ist. Es ist zwar farblich schön, aber mir irgendwie zu wenig aussagekräftig. Und auch den Titel fand ich etwas fad. Beides verrät leider nicht, welch schöne Geschichte sich in dem Buch verbirgt. Eine Geschichte, die Freundschaft, Toleranz und Hilfsbereitschaft feiert und damit auch super gut zu Weihachten passt, auch wenn sie ganz anders ist als viele Weihnachtsgeschichten, die es sonst so gibt! Ich hoffe, dass trotzdem viele Menschen dieses Buch finden. Da Juli Zeh im Erwachsenenbereich eine mega bekannte Autorin ist, wird „Alle Jahre wieder“ aber wohl trotzdem nicht untergehen …!
Ich gebe dem Buch ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️ (trotz Cover und Titel) und empfehle es ab 4 Jahren zum Vorlesen und ab 7 Jahren zum Selbstlesen – und für alle!